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Solidarität mit der Ukraine

Bei den meisten von uns läuft es jeden Tag in der Früh ähnlich ab: Smartphone in die Hand, kurz auf Twitter oder den Nachrichten-Websites schauen, was sich gerade tut. Ob irgendetwas wichtiges passiert ist. Meistens ist irgendetwas wichtiges passiert. Aber es klingt lächerlich gegenüber dem, was am 24. Februar auf unseren Smartphones erschienen ist. Am 24. Februar sind wir wie jeden Tag, alle aufgewacht, haben aufs Handy geschaut – und es war Krieg. Russland hat in einem völkerrechtswidrigen, brutalen kriegerischen Vorgehen die Ukraine angegriffen.  

Ein paar hundert Kilometer von uns entfernt haben die Menschen nicht nach dem Aufwachen am Handy vom Krieg erfahren. Sie sind aufgewacht, weil der Krieg vor ihrer Haustür war. Weil Bomben fallen, Häuser brennen, Menschen sterben. Bei ihnen vor der Haustür, vor welcher am Vortag noch Frieden war.  

Wir hier im oberösterreichischen Landtag beschäftigen und meistens mit den politischen Anliegen vor unserer unmittelbaren Haustür, mit den Herausforderungen in Oberösterreich. Wer von uns hätte es vor ein paar Wochen für möglich gehalten, dass wir heute und hier im oö Landtag über einen Krieg auf europäischem Boden reden? Mit einem Krieg der nur 1.000 km, 10 Autostunden, von uns entfernt stattfindet. 

Seit zwei Wochen leben die Menschen in der Ukraine in Angst. Uns erreichen Bilder und Videos von Menschen, die vor den Trümmern ihres bisherigen Lebens stehen. Menschen, die in Luftschutzbunkern und in den U-Bahn-Station Schutz vor russischen Bombenangriffen suchen. Wir sehen Bilder von Babys, die in diesen Bunkern geboren werden. Bilder von einem Kinderkrankenhaus, das völlig zerbombt wurde. Das Leid ist unerträglich. 

Ein Mann trägt die Verantwortung für diesen Krieg

Die Verantwortung für dieses Leid trägt eine Person, ein Mann: der russische Präsident Wladimir Putin. Bis zuletzt wurde versucht, die Krise abzuwenden mit Diplomatie und am Verhandlungstisch. Doch Putin wollte nicht. Putin tischte allen Lügen auf. Was Putin wollte, war Krieg – ohne Rücksicht auf Verluste und Menschenleben. Krieg in der Ukraine, Krieg gegen die Menschen in der Ukraine. 

Es ist wichtig es auch hier an dieser Stelle noch einmal unmissverständlich zu sagen: Die Invasion der Ukraine ist ein klarer Bruch des Völkerrechts. Dieser Angriffskrieg verletzt die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine. Dieser Krieg ist ein Überfall auf Werte wie Frieden, Demokratie und Freiheit. Für diese Werte leisten die UkrainerInnen bislang erbitterten Widerstand. Und auch Europa leistet Widerstand, indem es in einer bisher ungeahnten Geschlossenheit Sanktionen gegen Putins Regime verhängt. 

Wir senden heute hier mit dieser Gemeinsamen Erklärung ein klares und unmissverständliches Zeichen: Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg gegen Ukraine und stehen fest an der Seite der Ukraine, ihrer Menschen, ihres Rechts auf Selbstbestimmung, Freiheit und Demokratie. Unser geeinter Appell an Russland kann nur immer wieder lauten: Beenden Sie diesen Krieg! Sofort! Stoppen Sie das Töten unschuldiger Menschen! 

Kurz drei Aspekte die aus meiner Sicht jetzt zentral sind – und wo OÖ ganz konkret aktiv werden kann:

Erstens: Helfen. Vor Ort und in OÖ.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat lt. UNHCR bereits über 2 Mio. Menschen zur Flucht gezwungen und hunderten ZivilistInnen, unschuldigen Kindern in der Ukraine das Leben gekostet. Die EU-Staaten haben einem gemeinsamen historischen Akt gesetzt, indem sie die Gewährung vorübergehenden Schutzes die Richtlinie über temporären Schutz im Falle eines sogenannten “Massenzustroms” von Vertriebenen verabschiedet haben. Damit erhalten Ukrainerinnen und Ukrainer als Kriegsflüchtlinge ohne ein Asylverfahren vorübergehenden Schutz und Zugang zu staatlichen Leistungen sowie zum Arbeitsmarkt. 

Auch die Hilfsaktionen der Regierung und der Bundesländer für die Menschen in der Ukraine sind bereits voll angelaufen: Transporte mit Hilfsgütern sind unterwegs. Gleichzeitig werden für die Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet Quartiere frei gemacht. Allein gestern sind über 500 Geflüchtete aus der Ukraine in OÖ angekommen. Dank an alle, die Quartiere zur Verfügung stellen und an die Einsatz und Hilfs-Organisationen wie RK, Caritas, Volkshilfe uvw. Wie schon im Jahr 2015 ist es einmal mehr auch die Zivilgesellschaft und sind es die seit damals aufgebauten Integrationsstrukturen und Netzwerke, die einfach anpackt und eine unglaubliche Hilfsbereitschaft und Solidarität an den Tag legt. Unbürokratisch und selbstorganisiert. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit und ihren Einsatz.

Mit der Gemeinsamen Erklärung bekennen wir uns als Land OÖ dazu, unserer humanitären Verantwortung nachzukommen und geflüchteten Menschen bei uns Schutz zu gewähren. Dieser Schutz muss aus unserer Sicht übrigens auch für die Tausenden Drittstaatsangehörigen gelten, die in Ukraine einen Asylantrag laufen hatten oder dort studierten. Jeder, der vor Krieg flüchtet, hat Schutz verdient – unabhängig von Herkunft und Hautfarbe. Bomben unterscheiden nicht zwischen Hautfarbe, Religion und Staatszugehörigkeit.  

Zweitens: Klimapolitik ist Friedens- und Sicherheitspolitik  

Selten wurde so deutlich, wie abhängig Europa (auch wir in Ö) von Öl und Gas-Importen aus Russland sind und damit abhängig von den Machenschaften eines Machthabers, dessen Krieg wir damit finanzieren: Österreich importiert aktuell rund 80 Prozent seines Erdgases aus Russland. Die Abhängigkeit von Erdgas wirkt sich nicht nur fatal auf die immer stärker sichtbare Klimakrise aus, befeuert die Energiepreise und gefährdet die Versorgungssicherheit, sondern füllt auch Putins Kriegskasse für den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine. 

„Erdgas zeigt gerade sein hässliches Gesicht, es ist nicht nur schlecht fürs Klima, es macht uns abhängig, es macht uns verwundbar”, sagt Klimaministerin Leonore Gewessler. Der Krieg zeigt auch diese Abhängigkeit, in der Europa von Russland steht. Und diese Fesseln müssen und können wir lösen. Nicht nur, um das Klima zu retten. Sondern schlicht und ergreifend deswegen, weil die Abhängigkeit von Staaten wie Russland unerträglich ist, sondern auch weil es unerträglich ist, Putins Krieg auch nur einen Cent beizusteuern. 

Drittens: Für die Demokratie kämpfen  

Ich möchte jetzt noch einen weiteren Aspekt ansprechen. Denn der Krieg Putins gegen die Ukraine ist – ich habe es bereits erwähnt – auch ein Angriff auf unsere europäischen Werten, ein Angriff auf Demokratie, freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit und vieles mehr, wofür unser Europa einsteht. 

Freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit sind in Russland stark eingeschränkt, bzw. existieren nicht mal mehr auf dem Papier. Soziale Medien wurden vergangene Woche gesperrt. Mutigen Menschen, die gegen den furchtbaren Krieg auf die Straße gehen, drohen bis zu 15 Jahre Haft. Die immer stärkere Zensur der Medien führt dazu, dass der Krieg in der Ukraine nicht mehr als solcher bezeichnet werden darf. Freie, unabhängige Berichterstattung in Russland ist mittlerweile unmöglich, es regieren die Fake News. Ausländische JournalistInnen werden „zu Mikrofonständern degradiert“, wie der ORF-Korrespondent in Moskau, Paul Krisai, jüngst sagte.

Und diese Fake News und die Propaganda der russischen Staatsmedien schwappen bis zu uns nach Österreich. Zufall ist das keiner! Eine Flut von Bildern und Videos – der Krieg tobt auch im Netz. Und viele dieser Fake News und dieser Propaganda werden bereitwillig geteilt, auch von in OÖ ansässigen Medien, die nach wie vor mit Geldern des Landes unterstützt werden. 

Was auffällig ist: Gerade in coronamaßnahmen-skeptischen Gruppen wimmelt es dieser Tage nur so von Pro-Putin-Postings. Viele von jenen, die Tag für Tag gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen und „Friede, Freiheit, keine Diktatur“ skandieren, unterstützen jetzt den Krieg führenden, Demonstranten einsperrenden Autokraten Putin. Die zynische Ironie lässt einem den Atem stoppen.

Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Jetzt ist nicht die Zeit für Verständnis gegenüber einem Aggressor, der aus reiner Machtlust Panzer und Bomben in ein Land schickt. Jetzt ist die Zeit zu unterscheiden zwischen Frieden und Aggression. Zwischen Gerechtigkeit und dem Willen des Stärksten. Zwischen Handeln und Wegsehen, wie die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock jüngst vor der UNO in New York sagte. 

Wir als OÖ. Landtag verurteilen gemeinsam diesen Angriffskrieg aufs Schärfste. Wir unterstützen alle Maßnahmen, um das Leid der Menschen vor Ort zu lindern und den Flüchtenden zu helfen. Das ist selbstverständlich. Vor allem muss aber die Gewalt enden. Im Gleichklang mit allen anderen demokratischen Kräften, mit Organisationen und Institutionen fordern wir einen umgehenden Stopp des Angriffs. Die Waffen müssen schweigen, Gespräche beginnen und nur eine freie Ukraine kann ein akzeptables Ergebnis sein. 

Wir stehen in diesen Stunden ohne Zweifel an der Seite der Menschen in der Ukraine und werden sie nicht alleine lassen. 


Rede anlässlich der gemeinsamen Erklärung des OÖ. Landtags am 10. März 2022 zum Thema „Uneingeschränkte Solidarität mit der Ukrainischen Bevölkerung“