Was tun, wenn kritische Teile aus Prüfberichten der Gemeindeaufsicht verschwinden? Was, wenn ein politisches System nicht einmal vor Streichungen, Beschönigungen oder gar politisch motivierter Einflussnahme zurückschreckt?
Die letzten Monate waren in der Landespolitik geprägt von Debatten über parteipolitische Einflussnahme auf das Ergebnis von Gemeindeprüfungen. Konkret soll die die Gemeindeaufsicht des Landes Oberösterreich Prüfberichte in parteipolitischem Interesse geschönt haben. „Komischerweise“ fast immer im Sinne einer Partei.
Der Landesrechnungshof hat sich diese Vorfälle genauer angesehen und legt auf 169 Seiten einen erschütternden Befund über das „System der Gemeindeaufsicht“ vor, der für viele politische BeobachterInnen eine klare Konsequenz erfordert: Wann, wenn nicht bei dieser Causa, braucht es das schärfste parlamentarische Mittel zur Aufarbeitung? Und das ist ein Untersuchungsausschuss zur Klärung der politischen Verantwortung.
Überall möglich, außer…
Ein Rückblick: „Eine völlig neuen Dimension von Rechten der Opposition“, jubelte der frühere Nationalratspräsident Karlheinz Kopf von der ÖVP, als der Nationalrat im Dezember 2014 beschloss, dass die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen in Zukunft nicht mehr die Zustimmung der Mehrheit der MandatarInnen benötigt, sondern als Minderheitsrecht definiert wurde. Ein Viertel der Nationalratsabgeordneten war damit in der Lage, einen U-Ausschuss zur Klärung besonders schwerwiegender politischer Skandale einzuberufen, ohne dafür eine (Regierungs-)Mehrheit überzeugen zu müssen. „Ein historischen Beschluss für das Österreichische Parlament“, waren sich etwa Andreas Schieder und Eva Glawischnig einig, von einer „Jahrhundertreform des Parlamentarismus“ sprach gar der FPÖ-Abgeordnete Gernot Darmann.
Ortswechsel: Die Landtage
In den neun Landtagen in Österreich gibt es recht ähnliche gesetzliche Rahmenbedingungen, um das schärfste Mittel der parlamentarischen Kontrolle Wirklichkeit werden zu lassen. Die Regel ist, dass zwischen einem Viertel und einem Drittel der Abgeordneten einen U-Ausschuss einberufen können. Im Burgenland, in Kärnten und Salzburg braucht man 9 von jeweils 36 Abgeordneten, in Tirol 10 von 36, in Wien liegt man mit 30 benötigten von gesamt 100 ebenfalls noch unter 33%. Genau ein Drittel der Abgeordneten ist in der Steiermark notwendig. Ein Sonderfall ist Vorarlberg, dort können einmal pro Legislaturperiode wenigstens drei Abgeordnete einer im Landtag vertretenen Partei die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangen – das sind umgerechnet unschlagbare 8% der 36 MandatarInnen.
Und dann auch noch Niederösterreich
Mit der neuen Legislaturperiode tritt in Niederösterreich am 22. März 2018 eine Novellierung der NÖ. Landesverfassung in Kraft. Demnach kann auch bei unserem östlichen Nachbarn ein Drittel der Abgeordneten einen U-Ausschuss einsetzen. Auch wenn meine KollegInnen in Niederösterreich diese Regelung als viel zu schwach kritisierten, muss man festhalten: Selbst das Land formerly known as Pröllistan hat OÖ mittlerweile überholt.
Die rote Laterne fürs schwarz-blaue Oberösterreich: Schlusslicht in der parlamentarischen Kontrolle
Denn damit hat Oberösterreich ein neues Alleinstellungsmerkmal – allerdings im negativen Sinne. Wir sind das letzte (!) Bundesland, in dem die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eine Landtagsmehrheit braucht. Die Koalition kann damit selbst entscheiden, ob sie mit den schärfsten Mitteln kontrolliert wird. Oder eben nicht.
Im Land ob der Enns finden die meisten Diskussionen über mehr Kontrollrechte noch hinter verschlossenen Türen statt. In der vergangenen Legislaturperiode gab es unter anderem einen Antrag der FPÖ, die sich damals, noch als Oppositionspartei, immer für einen starken Landtag einsetzte. So beantragte sie etwa im Jahr 2014, dass die Einsetzung einer Untersuchungskommission als Minderheitsrecht eines Drittels der Abgeordneten und einmal pro Legislaturperiode sogar eines Klubs verankert werden sollte.
In der neuen Periode haben wir Grüne als auch die SPÖ Anträge eingebracht, nach denen das OÖ. Landes-Verfassungsgesetz dahingehend abgeändert werden sollte, um die Einsetzung einer Untersuchungskommission (wie U-Ausschüsse bei uns heißen) als Minderheitsrecht festzuschreiben. Die Anträge liegen im „Unterausschuss Landesverfassung“.
Ob die Anträge aus dem Unterausschuss jemals wieder herauskommen, ist offen. Aber an dieser Fragestellung wird sich zeigen, ob sich im Landtag mehrheitlich die Sichtweise durchsetzt, dass wir eine unserer zentralen Aufgaben – und das ist die Kontrolle der Regierung – auch ernst nehmen müssen und uns dafür die bestmöglichen Instrumente geben. Wir Grüne sind dafür bereit. Schon seit Jahren.
Infografik: OÖ ist Schlusslicht bei der parlamentarischen Kontrolle
Eine Antwort auf „Warum Oberösterreich Schlusslicht bei der parlamentarischen Kontrolle ist“
[…] Aufholbedarf gibt es auch bei den Kontrollrechten im OÖ. Landtag. Mittlerweile kann in fast jedem der neun Landtage in Österreich einen Untersuchungsausschuss (in OÖ Untersuchungskommission) von einer Minderheit eingerichtet werden. Nur in OÖ ist es immer noch nicht möglich. […]